Seit über 30 Jahren laden wir einmal jährlich in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, Kammern und Züchtern zum wohl beliebtesten Seminar des Jahres ein. Die Nachfrage in Deutschland nach derartigen Events ist hoch und die Freude über dieses Angebot ist groß. Das spiegelt sich auch in der stetig wachsenden Teilnehmerzahl aus dem gesamten Bundesgebiet wieder. Eine tolle Veranstaltung, die gezeigt hat, wie sehr Reitern, Tierärzten, Ausbildern und Züchtern Tierschutz und der vorbildliche und korrekte Umgang mit dem Pferd am Herzen liegt.
Hier noch einmal ein Überblick über die Themen und die Referenten/Referentinnen:
Belastung von jungen Pferden während der Gewöhnungsphase für Ihre Nutzung | Prof. Dr. med. vet. Christiane Aurich
Der Vortrag zur „Belastung von jungen Pferden während der Gewöhnungsphase für ihre Nutzung“ zeigte zunächst, dass physiologische Parameter wie die Herzfrequenz und die Cortisolkonzentration im Speichel zur Ermittlung der emotionalen und auch körperlichen Belastung von Pferden gut geeig-net sind. Die Veränderung dieser Parameter korreliert mit dem Maß der Belastung und zeigt z.B. auch eine Gewöhnung an Belastungssituationen an. Vorläufige Ergebnisse aus dem vom Bundesministeri-um für Ernährung und Landwirtschaft finanzierten und durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung betreuten Projekt „Horsewatch“ wurden vorgestellt. Es zeigt sich, dass bei Warm-bluthengsten in der Vorbereitung auf die Körung die Belastung bei einem Trainingsbeginn im Alter von 24 Monaten zunächst größer ist, als wenn das Training im Alter von 30 Monaten begonnen wird. Eine unterschiedliche Aufstallung der 24 Monate alten Hengste entweder im Gruppenlaufstall oder in großen Einzelboxen mit Kontaktmöglichkeit zum Boxennachbarn beeinflusste ihre Stressreaktion nicht. Bei 18 Monate alten Vollblutpferden war die Stressbelastung durch ein Pretraining, dass bis zum ersten Galopp unter dem Reiter in der Gruppe verfolgt wurde, moderat und nicht ausgeprägter als bei Warmbluthengsten, die bei Trainingsbeginn 6 Monate älter waren.
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Aufsuchen von Witterungsschutz und Stressbelastung von Warmblutpferden in Abhängigkeit von Witterung in Norddeutschland | Dr. Franziska Pilger
Ziel des Forschungsvorhabens am Graf Lehndorff-Institut Neustadt (Dosse) ist es, Bewegungsaktivität, Verhalten und physiologische Stressparameter bei Pferden in Weidehaltung mit natürlichem Witterungsschutz und mit Zugang zu einem Laufstallgebäude unter verschiedenen Umwelt- und Witterungsbedingungen vergleichend zu analysieren. Während es einige Studien zu unterschiedliche Weideunterständen gibt, fehlen wissenschaftlich gesicherte Informationen, ob Baumgruppen oder Ähnliches Pferden den gleichen Schutz bieten wie überdachte Unterstände, ob und in welchem Ausmaß ein Witterungsschutz während der Weideperiode überhaupt aufgesucht wird und in welcher Weise sich dies auf das Verhalten der Pferde auswirkt. Für die Studie stehen sowohl Stuten- als auch Wallachherden zur Verfügung, die jeweils ca. 40 Pferde umfassen. Innerhalb dieser Herden wird parallel bei jeweils 8 Pferden die Lokalisation und die Bewegungsaktivität mit GPS-basierten Sensoren kontinuierlich erfasst und aufgezeichnet. Eine eventuelle Stressreaktion der Pferde an den Versuchstagen wird anhand der Kortisolkonzentration im Speichel und kontinuierlicher Bestimmung der Herzfrequenz über 8 Stunden mittels Polar-Laufuhren ermittelt; alle Methoden sind nicht-invasiv und werden von Pferden problemlos toleriert. Die Wetterbedingungen werden mit einer am Ort der Studie aufgestellten mobilen Wetterstation erfasst und unter Berücksichtigung des sogenannten WBGT Hitzeindex ausgewertet. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Tiere keiner bis allenfalls geringer Belastung bei Weidehaltung ausgesetzt sind. Die Abweichungen der erfassten Stressparameter gehen nicht über das Ausmaß der natürlichen Tagesrhythmik hinaus. Eine vorläufige Auswertung der Lokalisation zeigt eine Tendenz zum Aufsuchen von Witterungsschutz bei Wind und Regen.
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Vorstellung des AK Pferdehaltung in SH - 1. Ergebnis zum Witterungsschutz aus dem Sommerhalbjahr | Katja Wagner
Der Arbeitskreis Haltung von Pferden in Schleswig-Holstein stellt sein erstes Ergebnis zum Thema Witterungsschutz für Pferde, Kleinpferde und Ponys vor
Der Arbeitskreis ist vielseitig zusammengesetzt und einig sind sich aber alle darüber, dass sie gemeinsam Zeit und Energie einsetzen möchten, die Haltung, den Umgang und die Nutzung der Pferde im Land weiter zu verbessern. Ausgangspunkt dafür ist das Pferd als landwirtschaftliches Nutztier. Die aus Eigeninitiative zusammengeschlossene Gruppe möchte mit ihrer Arbeit tierschutzrechtliche Vorgaben nachvollziehbar kommunizieren, Informationen vermitteln und Aufklärungsarbeit leisten. Darüber hinaus sollen Kriterien zur praxisnahen Umsetzung von geforderten Vorgaben identifiziert werden.
In diesem Zusammenhang ist das neue Merkblatt zum Thema Witterungsschutz für Pferde, Kleinpferde und Ponys entstanden. Das Ziel des Merkblattes ist eine tiergerechte Pferdehaltung in Bezug auf den Witterungsschutz und das damit auch verbundene Management der Weidehaltung. Dabei werden die besonderen Standortbedingungen von Schleswig-Holstein berücksichtigt wie beispielsweise die Küstennähe oder die Marsch. Das neue Merkblatt wird zeitnah digital auf der Internetseite www.lksh.de sowie auch als Printversion veröffentlicht.
Es wurde auch ein Ausblick auf die weiteren Themen gegeben, die der Arbeitskreis in der nahen Zukunft bearbeiten möchte. Darunter fallen als erstes die Themen Sachkunde in der Pferdehaltung sowie die Haltung von alternden Pferden.
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Ausdrucksverhalten des Pferdes richtig deuten- Was uns das Pferd sagen will und wie das mit der klassischen Reitlehre zusammenpasst | Dr. Kathrin Kienapfel
Für die Sicherstellung des Tierwohles im Reitsport ist es von enormer Bedeutung für jeden Reiter das Ausdruckverhalten der Pferde lesen zu können. In den Richtlinien für Reiten und Fahren sind der harmonische Weg und die Ziele der Ausbildung in Übereinstimmung mit der aktuellen Wissenschaft beschrieben: Ein Pferd mit pendelndem Schweif, einem geschlossen kauendendem Maul und taktreinen, schwingenden Bewegungen fühlt sich mit großer Wahrscheinlichkeit beim Reiten wohl. Unmutsanzeichen für Stress, Schmerz oder Angst können das Schlagen mit dem Schweif, alle Abweichungen vom ruhigen Maul, z.B. sichtbare Zunge/Zähne, Sperren, u.v.m. sein. Deutliches Missfallen drücken große Taktunterbrechungen wie Bocken, Austreten und Steigen aus. Alle Auffälligkeiten müssen unbedingt als klare Meinungsäußerung des Pferdes anerkannt werden und dürfen nur selten vorkommen (als erste Richtlinie in der Live-Beobachtung nicht mehr als 10/Sekunde). Um die Zukunft eines fairen und ethisch korrekten Sportes zu gewährleisten, muss zwingend die bessere Umsetzung des vorhandenen Regelwerks in die Praxis gesichert werden.
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Umsetzung der Richtlinien in pferdegerechte Ausbildung | Martin Plewa
Die Reitlehre, wie sie in den Richtlinien beschrieben und erläutert wird, orientiert sich an der Natur des Pferdes, d.h. an seinen Bedürfnisse und den natürlichen, individuellen Anlagen und berücksichtigt seine körperlichen Voraussetzungen sowie seine natürlichen Verhaltensweisen. Damit ist diese Reitlehre quasi automatisch pferdegerecht und damit tierschutzkonform. Dies gilt natürlich nur, wenn alle, die mit dem Pferd Sport betreiben, die Reitlehre in der Praxis richtliniengemäß umsetzen. Hierfür ist entscheidende Voraussetzung, dass die Reiter Kenntnisse zur Natur des Pferdes und zu seinem Lernverhalten erwerben. Viele Missverständnisse entstehen durch „Vermenschlichung“ des Pferdes. Aber auch Fehlmeinungen zu einigen Punkten der Ausbildungsskala führen oft dazu, dass nicht pferdegerecht ausgebildet wird. Hierzu gehören u.a. ein falsch verstandenes Lösen oder das durch falsche Zügelhilfen erzwungene Herstellen einer Anlehnung bzw. Beizäumung sowie unsachgemäßes Versammeln. Wichtig ist, stets das Ziel der Ausbildung, die Harmonie, im Blick zu haben. Dazu gehören die Zufriedenheit und das Wohlbefinden des Pferdes. Den Blick und das Gefühl hierfür müssen bei Reitern, Trainern und Turnierrichtern vermehrt entwickeln und darin geschult werden.